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Vorne Hui, hinten Pfui

Vor 17.678 Zuschauern in der LANXESSarena erlebten die Kölner Haie am Sonntagabend ein Spiel, das zunächst nach Wiedergutmachung für die Auftaktniederlage gegen München aussah, am Ende aber in einem Debakel endete. Mit 3:7 unterlag die Mannschaft von Kari Jalonen den Eisbären Berlin – und das, obwohl man zur Mitte der Partie noch komfortabel mit drei Treffern in Führung lag.

Vor dem Spiel

Während die Eisbären Berlin mit einem Sieg gegen Dresden in die neue Saison gestartet waren, standen die Haie nach dem 2:4 gegen München unter Druck. Jalonen veränderte seine Aufstellung leicht: Glötzl und Fischer tauschten die Spots in die Verteidigung, ebenso Kero und MacInnis im Angriff.

1. Drittel

Die Haie starteten nervös, ein Missverständnis in der eigenen Zone hätte beinahe zur kalten Dusche durch Kirk geführt. Da waren gerade mal 8 Sekunden gespielt. Köln fing sich und erarbeitete sich in der dritten Minute die erste große Gelegenheit. Nach starkem Forecheck von Tyrväinen kam Münzenberger frei zum Abschluss, scheiterte aber an Berlins Goalie Hildebrand.

In einem ausgeglichenen Drittel mit hohem Einsatz und viel Laufbereitschaft neutralisierten sich beide Teams weitgehend. Gefährlich wurde es erst kurz vor der Pause, als Russell Kammerer vor dem Tor stark in Szene setzte, doch erneut war Hildebrand mit dem Schoner zur Stelle. So ging es torlos in die erste Pause.

2. Drittel

Die zweiten 20 Minuten hatten es in sich. Köln legte los wie die Feuerwehr und belohnte sich schnell. Kemiläinen traf nach einem Querpass von Schnarr zum 1:0. Wenig später erhöhte Storm. Hildebrand konnte den Distanzschuss von Kaski nur prallen lassen und der Haie-Stürmer reagierte am schnellsten. Berlin wirkte in dieser Phase ungeordnet – und die Haie nutzten die Gunst der Stunde. Als gleich zwei Eisbären auf die Strafbank mussten, schlug Schnarr im 5-gegen-3 zu und überraschte Hildebrand am kurzen Pfosten – 3:0 für die Haie. Die Halle bebte. Alles sprach für den ersten Saisonsieg und die gelungene Revanche für das vergangene Finale.

Doch nur wenige Minuten später begann der Zerfall. Ein katastrophaler Stellungsfehler im eigenen Drittel ließ Smith völlig frei im Slot auftauchen. Die Ecke konnte sich der Berliner Verteidiger dann frei aussuchen – 3:1. Die Eisbären bekamen Oberwasser. Jonas Müller verkürzte wenig später nach Zuspiel von Bergmann, ehe Ronning in Überzahl den Ausgleich markierte. Drei Gegentore in vier Minuten. Die Haie hatten ihre gesamte Führung verspielt. Zwar stabilisierte sich das Spiel bis zur Drittelpause wieder, doch die Euphorie war dahin.

3. Drittel

Mit Spannung erwarteten die Fans den Schlussabschnitt, doch die Frage, ob die Haie die Schwächephase abhaken konnten, beantwortete sich schnell. Berlin legte eiskalt nach: Ronning, Noebels und Vikingstad trafen innerhalb von 35 Sekunden. Da half es auch nicht das Jalonen nach dem 3:5 Ancicka durch Brückmann ersetzte. Drei Tore, die das Spiel endgültig kippten.

Kölns Defensive wirkte – nicht nur – in dieser Phase völlig aufgelöst. Immer wieder liefen die Eisbären 2-auf-1 Konter. Besonders sinnbildlich das 3:7: Drei Kölner Stürmer pressten tief, Schnarr verlor seinen Gegenspieler, Moritz Müller rückte zu weit auf – und mit einem einzigen Pass leitete Berlin einen Konter ein, den Vikingstad und Eder souverän verwerteten. Eine Kopie des 1:4 gegen München.

Wieder sieben Gegentore ohne einzigen eigenen Treffer zwischendurch. Berlin verwaltete das Ergebnis und überstand auch noch ein Unterzahlspiel. Bis auf wenige Chancen kam von den Haien nichts mehr, diese konnte Hildebrand aber sicher abwehren.

Fazit

Was bleibt? Die guten ersten 25 Minute oder das folgende Blackout? Ernüchterung? Die Haie haben eindrucksvoll gezeigt, wie man ein Spiel aufbaut – und ebenso eindrucksvoll, wie man es in kürzester Zeit wieder herschenkt. Drei Treffer in einer mitreißenden Phase hätten der Grundstein für den ersten Saisonsieg sein müssen. Stattdessen führten ein haarsträubender Fehler beim 3:1 und eine kollektive defensive Auflösung dazu, dass Berlin die Partie innerhalb weniger Minuten komplett drehen konnte.

Dass sich die Haie von einer einzigen Druckphase des Gegners derart aus der Bahn werfen lassen, ist ein Alarmsignal. Die defensive Ordnung brach wie ein Kartenhaus zusammen, in der Rückwärtsbewegung fehlte die letzte Konsequenz und im Schlussdrittel war von Widerstand nur noch wenig zu sehen. Wer in 35 Sekunden drei Gegentore kassiert, verliert nicht unglücklich – er verliert, weil er elementare Grundtugenden vermissen lässt. Positiv: Den DEL-Rekord für die 3 schnellsten Tore in Folge halten weiterhin die Haie mit 21 Sekunden.

Berlin machte im Grunde nichts Spektakuläres, sie spielten schlicht konsequent, diszipliniert und nutzten jeden Fehler eiskalt aus. Köln dagegen lieferte nur eine halbe Stunde lang DEL-taugliches Eishockey. Danach blieb von der anfänglichen Energie nur noch Frust und Ratlosigkeit.

Jalonen wird seine Mannschaft in den kommenden Tagen neu justieren – müssen. Vor den Auswärtsspielen in Schwenningen und Nürnberg gilt: Ohne Stabilität und Konzentration über 60 Minuten droht der Saisonstart zum kompletten Fehlstart zu werden.

Stimmen zum Spiel

Die Pressekonferenz mit Kari Jalonen und das Interview mit Brady Austin

Hard Facts

Kölner Haie – Eisbären Berlin 3:7 (0:0 – 3:3 – 0:4)

Schüsse: 39-22

Strafminuten: 8-12

Bullies: 26-27

Zuschauer: 17.678

Kölner Haie

Ancicka – Brückmann
Kaski – Austin; Glötzl – M. Müller; Kemiläinen – Vittasmäki; Fischer
Russell – MacLeod – Kammerer; Bokk – Schnarr – Kero; Storm – Aubry – Niedenz; M. Münzenberger – Tyrväinen – MacInnis

Eisbären Berlin

Hildebrand – Stettmer
Reinke – J. Müller; Mik – Geibel; Smith – Panocha
Ronning – Pföderl – Kirk; Tiffels – Byron – Noebels; Eder – Vikingstad – Bergmann; Veilleux – Wiederer – Hördler

Schiedsrichter: Ansons – Huber; Laguzov – Priebsch
Foto: Haiepictures