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Kari Jalonen soll es werden

Drehen wir die Uhr zurück auf Samstag, den 13. April 2024. An diesem Tag nahmen wir die 78. Episode des Sharkbite „SSDS – Sharkbite sucht den Supercoach“ auf. Die Kandidatenliste, ob realistisch oder nicht, umfasste dabei in Summe 40 Namen. Zu diesen Namen gesellte sich vor kurzem nach Sichtung in der KA2 auch Benoit Groulx – bis 2023 bei den Syracuse Crunch aus der AHL – der in Begleitung der Geschäftsführung und Verantwortlichen im sportlichen Bereich weilte.

Lange Rede kurzer Sinn, keiner der genannten erhielt den Zuschlag. Dieser fiel völlig überraschend auf den 64-jährigen Finnen Kari Jalonen. Ab sofort weht hinter der Bande der Kölner Haie ein finnischer Wind und das bis mindestens 2026.

Europäische Konkurrenz

Neben den Haien hatte Jalonen laut der finnischen Zeitung Iltalehti (die am 03.05.2024 auch als erste vom Engagement bei den Haien berichtet hat) auch Interesse aus der Schweiz auf sich gezogen und sich mit mehreren mitteleuropäischen Vereinen getroffen.

Des weiteren wurde Jalonen, so berichtete sport.ch in der Zeitung am 08.04.2024, wie folgt zitiert „Ich suche eine neue Herausforderung, darauf arbeite ich hin. Wenn ich eine finde, bin ich bereit, zu gehen. Ich möchte immer noch Trainer sein, und mein Ziel ist es, das in Mitteleuropa zu tun.“

Diese neue Herausforderung hat er nun bei den Haien gefunden.

Wer ist Kari Jalonen eigentlich und wieso haben wir Ihn nicht auf dem Radar gehabt?

Kari Jalonen war zuletzt vertragslos und damit für unsere Suche nicht zu erfassen (siehe auch Groulx). Zudem hat er eine Vita die Ihn schon fast „überqualifiziert“. Wenn man sich diese einmal genauer anschaut, ist auf Anhieb zu erkennen welche Größe im Eishockeysport die Haie mit ihm unter Vertrag genommen haben.

  • WM Silber Medaille mit Finnland (2015/16)
  • WM Bronze Medaille mit Tschechien (2021/22)
  • WM Silber Medaille mit der Finnischen U20 (2000/01)
  • 7-facher Meister in Finnland (1998/99, 1999/00, 2000/01, 2004/05, 2006/07, 2007/08 & 2010/11)
  • 2-maliger Trainer des Jahres in Finnland (2004/05 & 2006/07)
  • 2-facher Schweizer Meister mit dem SC Bern (2016/17 & 2018/19)
  • 1-mal durch die Presse in der Schweiz zum besten Trainer gewählt (2017/18)

Seine Trainerkarriere begann 98/99 als Assistant Coach bei TPS Turku in Finnland, bei denen er nach drei Jahren in der Saison 01/02 zum Cheftrainer ernannt wurde. Nach insgesamt fünf Jahren bei TPS wechselte er für vier Jahre zu Kärpät Oulo in seine Geburtsstadt. Ab der Saison 2008/09 trainiert er für drei Jahre den Hauptstadtclub HIFK in Helsinki.

Nach insgesamt 13 Jahren als Trainer in Finnland nahm Jalonen seinen ersten Trainerposten außerhalb Finnlands in der KHL bei Torpedo Nizhny Novgorod an, wo er Mitte der Saison 2012/13 erstmalig in seiner Laufbahn entlassen wurde. In der Folgesaison übernahm er ab Saisonmitte den tschechischen KHL Club HC Lev Praha, welcher seit der Saison 2012/13 in der KHL spielte (Übernahme des slowakischen KHL Clubs HC Lev Poprad). Jalonen führte den Außenseiter aus Prag als ersten nicht russischen KHL-Club bis in das Endspiel um den Gagarin Cup, in dem Prag erst im 7. Spiel gegen HK Metallurg Magnitogorsk das Nachsehen hatte.

Nach seinem Engagement in der KHL übernahm Jalonen die Nationalmannschaft Finnlands, welche er 2015/16 zu Silber (0-2 im Finale gg Kanada, Torschützen C. McDavid und M. Duchene) bei der WM in Russland führte. 2016/17 folgte sein Wechsel in die Schweiz, dort führte er den SC Bern in vier Jahren zu zwei Meistertiteln in der Nationalliga.

Wieso wurde die Erfolgsgeschichte zwischen Bern und Jalonen nicht fortgeführt?

Die Meisterschaft der Saison 2018/19 noch im Hinterkopf, die Tinte der vorzeitigen Vertragsverlängerung noch nicht zu trocken trennten sich die Wege der beiden Parteien wieder.

Was war passiert?

Die Entlassung wurde u.a. damit begründet, dass der dringend notwendige Erneuerungsprozess der Mannschaft verpasst wurde. Erschwerend kam laut Schweizer Medien hinzu, dass man Jalonen zu viel Macht zugestanden hat, indem er im Staff u.a. einige Landsleute um sich scharte und sein genereller Einfluss im Club zu groß geworden sein soll. Dieser Umstand geht aber nicht allein auf Jalonen zurück, denn auch das Management in Bern hat in dieser Zeit (u.A. auch bei der Kaderplanung) keinen guten Job gemacht.

Wäre Jalonen nicht entlassen worden und hätte seinen Vertrag (bis 2021 verlängert) erfüllen dürfen, so wäre dies die längste Amtszeit eines Trainers in Bern seit Einführung der Playoffs 1985 gewesen.

Trotz einiger Angebote und Anfragen blieb Jalonen (bedingt durch die Corona Pandemie) bis zu seiner Ernennung 2022 zum Nationaltrainer in Tschechien ohne weitere Anstellung. Sein Engagement brachte noch etwas Besonderes mit sich, denn Jalonen war der erste Ausländer der den Posten als Cheftrainer der tschechischen Nationalmannschaft übernahm. Mit Tschechien holte er nach einem 8:4 Sieg gegen die USA im Spiel um Platz 3 bei der WM in Finnland auch auf Anhieb die erste WM Medaille seit zehn Jahren. Im Folgejahr erzielte Tschechien mit Platz 8 hingegen seine schlechteste WM Platzierung, weshalb Jalonen von seinen Aufgaben freigestellt wurde.

Was können wir vom neuen Cheftrainer erwarten?

Neben der beeindruckenden Vita gibt es natürlich wie schon am Beispiel Bern gesehen die kleinen Geschichten und Informationen am Rande, die sich zu meist im Hintergrund abspielen. Auch hier wollen wir zumindest mal einen Blick darauf werfen, um ein möglichst vollständiges Bild des neuen Cheftrainers skizzieren zu können.

Hierzu gibt es in einem Bericht der NZZ aus seiner Zeit in Bern z.B. Stimmen, die von hausgemachten Problemen durch das Berner Mangament und Jalonen berichten.

„In anderen Klubs, …, hat das Management einen Leistungsauftrag an den Cheftrainer formuliert, der beinhaltet, den Nachwuchs zu fördern. Im SCB war das in der Ära Jalonen nie der Fall, dafür haben der Verein und der Coach nun einen hohen Preis bezahlt. Jalonen war berüchtigt dafür, dem kurzfristigen Erfolg alles unterzuordnen; junge Spieler erhielten unter ihm notorisch wenig Eiszeit. … Das Kollektiv des SCB dagegen wirkt träge und langsam, es ist das älteste der Liga, was immer wieder augenfällig wird. Das Tempo in der National League ist dieser Tage so hoch wie noch nie, und Bern kann mit der Geschwindigkeit nicht mehr mithalten.“

In der Ausgabe der NZZ (Neue Züricher Zeitung) vom 13.05.2022 finden sich interessante Aussagen von Jalonen, die wir natürlich gerne aufgreifen wollen.

Als Sie von 2016 bis 2020 den SC Bern betreuten, wurde Ihnen immer wieder einmal vorgeworfen, Sie setzten zu wenig auf junge Spieler. Und dass Sie dem Erfolg im Hier und Jetzt zu viel unterordnen.

Ich fand diese Kritik unberechtigt. … Mir ist das Alter eines Spielers eigentlich ziemlich egal, es geht um die Qualität. In der finnischen Liga ist es nicht ungewöhnlich, dass 17-Jährige spielen. Ich hätte auch in Bern keine Mühe damit gehabt, auf so junge Spieler zu setzen. Aber ich bin kein Fan davon, zu sagen: «Der ist jung, deshalb spielt er jetzt.» Man muss sich Verantwortung verdienen, sich aufdrängen.

Aber Ihr Team war am Ende überaltert.

Wir haben intern oft darüber gesprochen, dass wir die Mannschaft verjüngen müssen. Nur ist es nicht so einfach, die Balance zu finden. Und es kommt darauf an, ob die eigenen Junioren gut genug sind und wer auf dem Markt ist. Wir haben da sicher nicht immer die richtige Entscheidung getroffen.

In der NZZ wurde das Thema Nachwuchsspieler ja schon angesprochen, aber auch aus Tschechien gibt es dazu eine klare Meinung.

“He also did not work well with young Czech players, giving them minimal roles and ice time.“

Wir möchten jetzt ungern sagen, das kennt man ja in Köln aus den letzten Jahren, aber es ist definitiv einer der Punkte, die wir in Zukunft weiterhin im Auge behalten werden.

Das Tagblatt vom 09.09.2016 liefert zudem einen kleinen Einblick in den Menschen Kari Jalonen.

Sie selber gelten als Trainer, der auch sehr hart sein kann zu seinen Spielern.

Die Leute sagen mir oft, ich sei verrückt. Aber das bin ich nicht. Hart muss man als Trainer aber sein. Ich glaube nicht daran, dass irgendeine Firma auf dieser Welt existieren kann, wenn man immer nur lieb und nett zueinander ist.

Wie ist es, wenn Sie wütend sind?

Das wollen Sie nicht wissen (lacht). Ich konfrontierte die Spieler immer mit Fakten. Es bringt nichts, wenn man herumschreit. Aber es bringt etwas, wenn man die Dinge beim Namen nennt. Da bin ich schonungslos hart. Ich muss schließlich dafür sorgen, dass die Spieler auf dem Eis ihre beste Leistung abrufen können.

Wie könnte Jalonen die Haie nächste Saison spielen lassen?

Wenn man dazu ein wenig das Internet durchforstest findet man weitere Puzzleteile, um das Bild zu vervollständigen. “His play style is based on rigorous defense and the games were almost unwatchable and most importantly very boring. He buried every offensive talent with defensive tasks and relied on good goalies and praised defensive play style.” Wer sich ein wenig im internationalen Eishockey auskennt und vielleicht auch die finnische Liiga auf dem eigenen Radar hat wird wissen, welche Spielweise finnische Teams/Trainer aufgrund Ihrer Ausbildung bevorzugen. Dazu zählen Attribute wie harte Arbeit, absolute Systemtreue, hohe Laufbereitschaft, starke Special Teams aber keineswegs Offensivspektakel, sondern Defense First. Es finden sich in der Aufstellung einige Faktoren über die wir vergangene Saison des öfteren „ungern“ sprechen mussten, weil die dortigen Defizite wichtige Punkte gekostet haben.

Am 03.05.2024 wurde mit Parker Tuomie der erste Neuzugang der Saison 2024/25 offiziell verkündet. Das erste Interview mit ihm auf der Haie Homepage zeigt, dass er mit seinen Attributen gut in die Spielphilosophie Jalonens passen sollte. „Parker spielt mit einer hohen Intensität – sowohl in der Offensive als auch in der Defensive. Er ist sehr zweikampfstark und stellt sich immer in den Dienst der Mannschaft“, so Haie-Sportdirektor Matthias Baldys.

Beim Blick auf den weiteren Kader zeigt sich, dass nur noch wenige Planstellen offen sein dürften. Daher bleibt abzuwarten wie Kari Jalonen und Matthias Baldys diese Stellen besetzen werden und wie sich die Spielphilosophie des neuen Cheftrainers mit dem vorhandenen und durchaus offensiv ausgerichteten und denkenden Spielermaterial und der Philosophie der Haie bzgl. der Nachwuchsförderung vereinheitlichen lässt.

Was wir zum Schluss noch festhalten wollen, einen Trainer mit der Reputation eines Kari Jalonen holt der KEC nicht um sich mit den Tabellenregionen ab Platz 6 zufrieden zu geben. Da ist der Anspruch ganz klar ein anderer und die Signalwirkung mit seiner Verpflichtung ebenfalls. Ein Schnäppchen dürfte Kari Jalonen trotz der Abfindung vom tschechischen Verband in Höhe von ca. 240.000 € nicht sein. Trotz aller Nebengeräusche ein starkes Signal der Verantwortlichen um Matthias Baldys.

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